Nicht nur Menschen leiden unter Pollen & Co, sondern auch unsere Haustiere, vor allem Hunde und Katzen. Diagnose und Behandlung sind schwierig, lassen sich aber mit Geduld und einigen Kniffen in den Griff bekommen.
Rockys Besitzer zeigt sich beim Tierarzt besorgt. Sein vierjähriger Hund hat entzündete Stellen an Rücken und Bauch, die stark gerötet, haarlos und von Kratzspuren durchzogen sind. Ständig leckt und knabbert er daran, es juckt so gemein. Rocky leidet schon länger an diesem Juckreiz, aber in der letzten Zeit ist es schlimmer geworden.
Tierarzt Dr. Frank Fiederling tippt auf eine Allergie und beginnt die Allergiediagnostik mit einer gründlichen Anamnese (Vorgeschichte einer Krankheit). Bei Rocky treten der Juckreiz und die Hauterkrankungen nur im Frühjahr auf, also während dem Pollenflug. Darum testet der Tierarzt auf Pollen von Gräser, Kräuter und Bäume. Es ist die richtige Entscheidung: Rocky ist gegen Gräserpollen allergisch. Wäre das Ergebnis negativ gewesen, Rocky hätte noch viele Allergietests über sich ergehen lassen müssen. Die Suche nach dem Allergen kann wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen verlaufen.
„Die meisten Hunde, die wegen einer Allergie zu mir kommen, leiden an einer Inhalationsallergie, bei Katzen ist es eher eine Futtermittelallergie“, erklärt Dr. Fiederling. Dies trifft auch bei Katze Lisa zu. Ihre Besitzerin hatte lange gar nicht bemerkt, dass mit der Mieze etwas nicht stimmt. Katzen benutzen zum Kratzen häufig ihre Zunge, darum fiel der Besitzerin lediglich vermehrtes Putzen auf. Erst viel später entwickelten sich kahle Stellen mit Kratzspuren an Bauch und Nacken.
Symptome einer Allergie
Eine Allergie zeigt sich bei Hunden und Katzen meist in Form einer Hauterkrankung. Typisch sind entzündete Stellen, die sich überall dort bilden können, wo die Tiere mit Zunge oder Pfote hinkommen und sich deshalb kräftig kratzen. Die beschädigte, zerkratzte Haut ist jedoch der ideale Nährboden für Bakterien und Pilze – es entstehen Bläschen, Ekzeme, vermehrte Schuppenbildung und Verdickungen.
Bei Katzen können sich aber unter anderen auch viele kleine Krusten auf der Haut bilden oder ein Geschwür an der Lippe oder streifenförmige Hautveränderungen an den Hinterbeinen. Hunde leiden häufig unter Hot spots – das sind entzündete Hautbereiche, die teilweise tief in die Haut hineingehen. Jede unerklärliche Hautveränderung kann auf eine Allergie hindeuten.
Bei Mischlingshündin Anka waren die juckenden Ohren der einzige Hinweis auf eine Allergie. Mit dem Kopf rieb sie so lange über den Teppich, bis ihre Ohren heiß waren – so stark war der Juckreiz.
„Eine Allergie kann aber auch Erbrechen, Durchfall oder Atemwegserkrankungen wie Asthma auslösen“, erklärt Professor Ingo Nolte von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover, Leiter der Klinik für Kleintiere.
Was passiert im Körper?
Kurz gesagt, stuft der Körper bei einer Allergie ungefährliche Stoffe irrtümlich als Feind ein und bekämpft sie mit Abwehrstoffen. Produziert werden die Abwehrstoffe (z. B. Histamine) in den sogenannten Mastzellen. Sobald die Allergene in den Körper eindringen, schütten diese Mastellen chemische Stoffe aus und löst damit die allergischen Symptome aus. Es ist eine Fehlreaktion des Immunsystems.
Bei Menschen liegen die Mastzellen primär im Nasen- und Augenbereich, daher leiden wir häufig an Heuschnupfen. Bei Tieren liegen sie in der Haut, weshalb sie hauptsächlich unter Juckreiz leiden.
Was ist zu tun?
„Die beste Therapie gegen Allergien ist die Vermeidung des Allergens“, sagt Professor Nolte. Dazu muss aber zuerst herausgefunden werden, gegen welche Stoffe das Tier allergisch ist. „Während bei Hunden ein Allergietest sehr gut funktioniert, ist er bei Katzen nicht sehr zuverlässig.“ Weil Katzen aber häufig auf Nahrung allergisch reagieren, versucht man es zunächst mit einer Diät. Wird der allergieauslösende Stoff nicht gefunden – und das gilt für Katzen und Hunde gleichermaßen – ist lediglich eine Behandlung der Symptome möglich, also Linderung des Juckreizes, Behandlung der Entzündung etc. „Die Mechanismen von Allergien sind bis heute noch nicht bekannt“, sagt Professor Nolte. Eine Heilung nicht möglich. Nur selten verschwindet die Allergie einfach wieder. Warum? Man weiß es nicht.
Bei den Allergien unterscheidet man zwischen drei verschiedenen Arten: Die Inhalationsallergie entsteht durch Stoffe, die das Tier einatmet, wie Pollen, Schimmel oder Hausstaub. Bei der Flohallergie reagieren die Vierbeiner auf den Flohspeichel, und bei der Futtermittelallergie auf Bestandteile im Futter, meist auf Eiweiße.
Inhalationsallergie
Bei dieser Allergieart hilft eine Desensibilisierung: Der Tierarzt injiziert dem Tier kleine Mengen Allergene, in steigender Konzentration und in immer kürzeren Intervallen. Das Immunsystem soll sich dadurch an den Stoff gewöhnen und nicht mehr so stark reagieren.
Bei Rüde Rocky war diese Therapie der richtige Weg. Seit einem Jahr wurde der Hund nun mit der Desensibilisierung behandelt. Im darauf folgenden Frühling, während dem Pollenflug, waren die Symptome nur noch sehr schwach. Die Wunden auf der Haut waren verheilt, das Fell nachgewachsen. Tierarzt und Besitzer hoffen im nächsten Frühjahr auf ein noch besseres Ergebnis.
Futtermittelallergie
Bei einer Futtermittelallergie wird die allergieauslösende Nahrung mit einem Ausschlussverfahren aufgespürt (Eliminationsdiät): Der Vierbeiner erhält acht Wochen lang selbst gekochtes oder gekauftes Spezialfutter mit einigen wenigen ausgesuchten Zutaten. Daraufhin verschwinden die Symptome. Im nächsten Schritt gibt der Besitzer dem Grundfutter nach und nach einen weiteren Bestandteil hinzu, zum Beispiel für eine Woche Rind, in der nächsten Huhn und so weiter. Sobald die allergischen Symptome wieder auftreten, ist der Allergieauslöser gefunden. Es ist der Bestandteil, der in der aktuellen Woche dem Grundfutter beigefügt wurde. Dann kann sich der Halter auf die Suche nach einem Fertigfutter machen, das die jeweiligen Zutat nicht enthält. Oft reagieren die Tiere auch auf mehrere Futterbestandteile, dann geht die Suche mit dem Ausschlussverfahren weiter.
Katzen sind bei der Auswahl des Futters oft heikel, darum kann eine Diät schwierig sein. Damit die Mieze das langweilige Diätfutter trotzdem frisst, empfiehlt Professor Nolte: Futter etwas erwärmen, mit etwas Knoblauch würzen oder beim Fressen daneben stehen. „Katzen lieben es, wenn der Besitzer die Zeit mit ihnen teilt.“
Flohallergie
Leider kann eine Flohallergie nicht mit einer Desensibilisierung behandelt werden, da es nicht möglich ist, genügend Flohspeichel zu sammeln, um daraus ein Serum zu gewinnen. Daher müssen die Besitzer eine strikte und regelmäßige Flohkontrolle durchführen. Es gibt sogenannte Spot-on-Präparate zu kaufen, die dem Tier auf die Haut geträufelt werden und Flöhe abtöten. Achten Sie jedoch auf die Wirkstoffe. Einige dieser Präparate wirken chemisch, enthalten Nervengifte und sind schädlich für Mensch und Tier. Andere Mittel enthalten ausschließlich natürliche Wirkstoffe. Informieren Sie sich jedoch vor dem Kauf, ob diese auch erwiesenermaßen gegen Flöhe wirksam sind (wie z. B. Pyrethrumextrakt). Auch Hausmittel bergen Gefahren. Auf den Nacken geträufeltes Teebaumöl wirkt bei Katzen beispielsweise toxisch. Außerdem dürfen Tiere nur Präparate verwenden, die für die jeweilige Tierart bestimmt ist. Ein Präperat für Hunde darf also bei der Katze nicht angewandt werden und umgekehrt.
Katze Lisa mit der Futtermittelallergie muss sich seit sieben Wochen mit einer Eliminationsdiät abfinden. Vorgestern hat sie draußen einen Hühnerknochen gefunden und in Anbetracht der kargen Kost wie eine Trophäe nach Hause getragen. Aber Lisas Frauchen hat ihr die Delikatesse schweren Herzens abnehmen müssen. Seit mehr als 48 Stunden ist Lisa nun beleidigt. Aber die entzündete, verletzte Haut heilt langsam. Übernächste Woche darf Lisa zum ersten Mal wieder leckeres Lamm fressen.
Myriam F. Goetz
Allergien bekämpfen: Tipps vom Tierarzt
· Behandeln Sie Ihr Tier und alle anderen Vierbeiner im Haushalt gegen Ektoparasiten (Flöhe, Zecken).
· Im Frühjahr und Herbst geben Sie dem Tier ungesättigte Fettsäuren (Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren). Sie reduzieren Entzündungen und stärken die Haut.
· Die Tierärztliche Hochschule rät davon ab, Hunde zu baden, um die Allergene auszuwaschen. Die negativen Aspekte des Badens, nämlich verstopfe Poren und trockene Haut, sind größer als die Vorteile. Wenn Sie Ihren Hund wegen Verschmutzung baden müssen, verwenden Sie immer ein medizinisches Hunde-Shampoo.
Ursachen für Hauterkrankungen
Nicht nur Allergien lösen Entzündungen aus, auch andere Ursachen können dahinter stecken, zum Beispiel:
· Bakterien
· erhöhte Cortisolbildung beim Tier
· Fremdkörper/reizende Substanzen im Fell
· Hoden-/Eierstock-/Hauttumor
· hormonelle Störungen
· Immunerkrankung
· Medikamente, vor allem Kortison
· Milben/Haarbalgmilben
· Schilddrüsenunterfunktion
· Störung der Zellerneuerung
· Pilze
· Zecken mit Krankheitserregern
Buchtipps:
· Von der Gesundheit des Hundes, Von Haut- und Haarproblemen, Allergien, Medikamenten, Heilkräutern und Hausmitteln, Eric H.W. Aldington, Gollwitzer Verlag, 32,80 €
· Allergien beim Hund, Mit Allergie-Testbogen, Dr. med. vet. Vera Biber, Kosmos, 16,95 €