
Sollen Eltern dem Flehen der Kinder nachgeben und ein Haustier anschaffen? Viele Gründe sprechen dafür. Aber der Vierbeiner muss zur Familie passen.
Nichts wünscht sich Laura mehr als ein Meerschweinchen. Doch Lauras Eltern sind skeptisch, schließlich muss sich jemand um den neuen Mitbewohner kümmern – und sie ahnen, dass dieser Job an ihnen hängen bleibt.
Wie Lauras Eltern geht es vielen Müttern und Vätern. Sie sind unsicher, ob sie ihrem Kind ein Haustier schenken sollen. Die Münchner Tierärztin Dr. Antonia Hingerle rät Eltern zu. Denn Haustiere sind tolle Gefährten und lieben die Kinder heiß und innig. Haustiere haben immer Zeit, lauschen geduldig, auch wenn sie die Geschichte schon hundertmal gehört haben, und man kann ihnen bedenkenlos Geheimnisse anvertrauen.
Trotzdem: „Eltern sollten nur ein Haustier anschaffen, wenn sie bereit sind, sich darum zu kümmern", sagt Hingerle. „Erst ab einem Alter von etwa 14 Jahren übernehmen Kinder die Verantwortung alleine.“ Bis dahin müssen Eltern stets kontrollieren, ob das Haustier gut versorgt ist. Auch sollte man wissen, wo es unterkommt, wenn die Familie in Urlaub fährt.
Lauras Eltern haben Lauras großen Wunsch erfüllt und der Anschaffung eines Meerschweinchens zugestimmt. Inzwischen besitzt die achtjährige Laura sogar drei. Wie befürchtet, versorgt die Mutter die Tiere, Laura hilft ihr manchmal dabei.
Kinder, die mit Tieren aufwachsen profitieren in vielerlei Hinsicht. Das zeigen Untersuchungen des Psychologen Professor Reinhold Berger von der Universität Bonn, Vorsitzender des Forschungskreises Heimtiere in der Gesellschaft: Kinder mit Haustieren können besser mit ihren Klassenkameraden umgehen und zeigen mehr Verantwortungsbewusstsein. Kleinen Hundebesitzern fallen aber auch die Hausaufgaben leichter – vorausgesetzt, der Vierbeiner ist beim Büffeln mit im Zimmer.
Und die Gesundheit? Tiere stärken das Immunsystem ihrer kleinen Besitzer. Wissenschaftler der Universität von Western Australia stellten besispielsweise fest, dass Kinder, die mit Hund oder Katze zusammenleben, seltener an Magen-Darm-Infektionen erkranken. Aber: Tiere können auch eine Allergie auslösen. Leiden bereits Mutter oder Vater an allergischem Asthma, Heuschnupfen oder Neurodermitis, erhöhen Vierbeiner das Erkrankungsrisiko. „Gefährdete Kinder sollten daher Haustiere, die haaren, wie etwa Katze, Meerschweinchen, Hamster oder Hund, meiden“, rät Professor Dr. Ulrich Wahn, Direktor der Kliniken für Pädiatrie an der Charité in Berlin.
Nicht jedes Tier eignet sich für den Nachwuchs, auch wenn es noch so knuddelig wirkt. „Von Kaninchen, Meerschweinchen und Hamstern rate ich bei kleinen Kindern ab“, sagt Tierärztin Hingerle. Diese Tiere haben eine angeborene Furcht davor, hochgehoben zu werden und wollen auch nicht ständig gestreichelt werden. Die zehnjährige Leonie weiß das – und zwingt ihrem Kaninchen keine Streicheleinheiten auf. Außer, der kleine Kerl zeigt ihr deutlich, dass er dies möchte: „Wenn er an der Stirn gekrault werden will, senkt er seinen Kopf“, erzählt Leonie.
Je jünger das Kind ist, umso mehr Vorsicht ist auch im Umgang angebracht. „Lebt in der Familie ein Baby oder Kleinkind, darf es mit dem Tier nie unbeaufsichtigt bleiben“, sagt Steffen Seckler vom Deutschen Tierschutzbund. Das heißt: Für Hund und Katze bleibt die Kinderzimmertüre nachts geschlossen. Auch im Bettchen haben sie nichts zu suchen. „Aber“, so Seckler, „das bedeutet nicht, dass man etwa dem Hund das Baby vorenthalten soll.“ Sinnvoll ist, das Kind für den Hund mit positiven Erfahrungen wie Streicheln und Loben zu verknüpfen. Der Vierbeiner sollte das Baby beim Kennenlernen ausgiebig beschnuppern dürfen. Wichtig ist, dass der Hund das Kind nicht als Konkurrenz empfindet. Und: Ohne gute Erziehung geht es nicht. Hier hilft der Besuch einer Hundeschule. Das Kind wiederum muss lernen, seinen tierischen Freund in Ruhe zu lassen, wenn er sich zurückzieht. Dann werden beide bald ein tolles Team.
Myriam F. Goetz
Laura (8) mit Meerschweinchen Fritzi, Mrs Flecki und Mrs Browny
„Meine Meerschweinchen haben ganz kleine Beine, aber sie sind sehr schnell. Wenn ich sie im Zimmer frei laufen lasse, verstecken sie sich unter den Schränken, wollen sich nicht mehr einfangen lassen und pullern mich an.“ (Laura, 8 Jahre)
Für wen eignet sich ein Meerschweinchen?
Die Tiere sind neugierig und spielen gerne, wollen aber weder gekuschelt noch hochgehoben werden. Daher sollte das Kind schon etwas älter sein, das Tier gerne beobachten und sehr behutsam mit ihm umgehen. Geduld, Ruhe und Distanz ist nötig.
Wichtige Infos:
Meerschweinchen werden sechs bis acht Jahre alt, beanspruchen täglich 30 Minuten Zeit und Auslauf. Stubenrein werden sie selten. Als Einzeltier fühlen sie sich nicht wohl, am besten vertragen sich zwei junge Weibchen. Es sind keine leisen Tiere: Sie quieken mit einer Vielzahl von Lauten. Ist ein Meerschweinchen glücklich, springt es mit allen vier Füßchen gleichzeitig in die Luft – es „popcornt“.
Kosten: Ein Tier gibt es ab zehn Euro zu kaufen, dazu kommen noch Käfig (ab 40 Euro), Futter und Streu (ab zehn Euro im Monat).
Leonie (10) mit Kaninchen Hasi
„Bevor ich ins Bett gehe, gebe ich Hasi ein Leckerli. Wenn ich am Abend in mein Zimmer gehe, läuft er ans Gitter und macht Männchen, bis ich ihm das Leckerli in den Mund stecke.“
Für wen eignet sich ein Kaninchen?
Die Fluchttiere sind schreckhaft und wollen nicht kuscheln. Richtig spielen kann man mit ihnen kaum. Das Kind sollte schon etwas älter und geduldig sein. Es braucht viel Einfühlungsvermögen.
Wichtige Infos:
Kaninchen werden bis zu zehn Jahre alt, beanspruchen für die Versorgung täglich 30 Minuten und brauchen Auslauf. Sie wollen nicht alleine leben. Ideal: Zwei Tiere wachsen von klein an zusammen auf.
Kosten: etwa zehn Euro für das Tier, plus Käfig (ab 40 Euro), Futter und Streu (monatlich ab 10 Euro).
Johannes (5) mit Katze Moritz
„Ich mag den Moritz, weil er so schön kuschelig ist. Draußen spielt er mit anderen Katzen, und wenn er sich ärgert, kratzt er. Mich hat er auch schon gekratzt.“
Für wen eignet sich eine Katze?
Katzen bestimmen selbst, wann sie spielen oder schmusen wollen, daher lernen Kinder Toleranz und Ausdauer. Ein sanfter, ruhiger Umgang ist nötig. Kinder, die grob sind oder Zwang ausüben, müssen mit einem Tatzenhieb rechnen. Sind sie einmal Freunde, sucht die Katze Nähe und zeigt Zuneigung: Köpfchenreiben oder Nasenstubser.
Wichtige Infos:
Katzen werden bis zu 15 Jahre alt und beanspruchen 30 Minuten pro Tag, die Katzentoilette muss täglich gereinigt werden. Die Tiere lieben es, draußen herumzustromern. Reine Wohnungskatzen brauchen einen Artgenossen. Sie schlafen und dösen 15 Stunden am Tag. Blinzeln bedeutet Zuneigung, vergleichbar mit einem Lächeln. Katzen erkennen ihren Namen, besonders wenn er zweisilbig ist und „a“, „u“, „i“ enthält.
Kosten: Katzen bekommt man oft geschenkt. Gezahlt werden müssen Futter und Streu (ab 40 Euro pro Monat), dazu Impfungen (ab 40 Euro) und Wurmkuren.
Sophie (6) mit Hund Luzie
„Luzie ist meine Freundin. Das weiß ich, weil sie mit mir kuschelt und mich immer ganz aufgeregt begrüßt, wenn ich nach Hause komme. Wenn sie mit mir Ball spielen will, bringt sie Ball in und lässt ihn vor mir fallen.“
Für wen eignet sich ein Hund?
Ein Hund ist ein echter Kumpel zum Spielen, der selten beleidigt und nie gelangweilt ist. Schüchternen Kindern hilft er, aus sich herauszugehen. Für aufgeweckte Kinder ist er der ideale Gefährte zum Toben. Ein Hund liebt seine Besitzer, gibt Schutz, Stärke und Selbstsicherheit. Bewährte Familienhunde sind Collies, Golden Retriever, Jack-Russel-Terrier oder Mischungen dieser Rassen.
Wichtige Infos:
Hunde werden bis zu 16 Jahre alt und beanspruchen viel Zeit, täglich zwei Stunden und mehr. Das Tier will mindestens zweimal pro Tag Gassi gehen, gerne ausgiebig. Ein Hund bleibt nur ungern alleine zu Hause.
Kosten: Für einen Rassehund zahlt man beim Züchter ab 400 Euro. Günstiger ist ein Hund aus dem Tierheim. Hinzu kommen: Hundesteuer (je nach Kommune unterschiedlich) und Haftpflicht, Futter (ab 50 Euro pro Monat) und Impfungen (ab 50 Euro pro Jahr).