
Fast jeder zweite Hund in Deutschland ist zu dick. Das gefährdet nicht nur seine Gesundheit, sondern nimmt dem Tier auch die Bewegungslust. Was also tun, wenn der Hund zu dick ist?
Fast unbemerkt robbt Hündin Anni näher an den Tisch heran, dahin, wo Frauchen und Herrchen zu Abend essen. Es duftet so lecker. Anni bewegt sich in Zeitluge, ein kleiner Schritt nach dem anderen, ja fast ist sie unsichtbar. Mit schmachtendem Blick erreicht sie ihr Ziel, streckt die Nase über den Tischrand und....wird erwischt. „Nein Anni! Zurück ins Körbchen!“, sagt Frauchen und deutet mit dem Zeigefinger zum Hundekörbchen. Mist. Ein sehnsüchtiger Blick erreicht die verführerische Mahlzeit. Anni trollt sich und ist beleidigt.
Anni muss nämlich abnehmen, sie ist zu dick. Der Zwergspitzmischling wiegt 12,4 kg, vier Kilo zu viel. Ein Drittel ihres Gewichts muss runter.
Etwa 40 Prozent der deutschen Hunde leiden unter Übergewicht, aber in den seltensten Fällen liegt die Ursache an einer Krankheit. Meist ist es schlichtweg Überfütterung. Übergewichtige Hunde leiden unter den selben Krankheiten wie dicke Menschen: Diabetes, Bluthochdruck, Gelenkabnutzung, Nieren-, Herz- und Gefäßerkrankungen und Leberverfettung. Die Lebenserwartung dicker Hund sinkt im Vergleich zu normalgewichtigen Artgenossen um zwei Jahre.
Betteln: sehnsüchtigen Hundeblicken widerstehen
Wie kommt es, dass so viele Hunde zu dick sind? Schließlich kommen die Tiere nicht selbst an ihr Futter heran. Grund: Herrchen und Frauchen können dem flehenden Hundeblick nicht widerstehen. Schon ein einziges Leckerli würde den Hund glücklich haben. Da gibt der eine oder andere Besitzer viel zu häufig nach.
Bettelnde Hunde können mitunter aber auch ziemlich lästig werden. Dobermann Aaron, 38 Kilo und damit sieben Kilo Übergewicht, bedrängt sein Frauchen Manuela Hilgartner vehement. Will er ein Leckerchen, stubst er sie zunächst mit der Nase an. Nicht nur einmal, sondern ohne Unterlass. In immer kürzeren Abständen. Wenn das nicht hilft, winselt er vor sich hin, eine Viertelstunde lang, dann folgt die dritte Bettelstufe. Er bellt wie am Spieß. Das ist bei dem großen Hund ziemlich laut. Damit hört er erst auf, wenn er sein Ziel erreicht hat. Aaron hat schnell gelernt, dass er nur ausdauernd genug sein muss, um seine Leckerchen zu erhalten.
Die Lust am Fressen steckt in jedem Hund. Die Vierbeiner haben kein Sättigungsgefühl, fressen alles, was sie kriegen können. Cocker Spaniel Strolchi schnappte sich zum Beispiel heimlich einen Ein-Kilo-Brotlaib aus der Küche und fraß ihn ratzeputz auf – er vertilgte ein elftel seines eigenen Körpergewichts. Das ist das selbe Verhältnis, wie wenn ein 75-Kilo-Mann acht Brotlaibe aufeinmal essen würde. Danach hatte der Hund erhebliche Bauchschmerzen. Aber bei der nächsten Gelegenheit griff er erneut zu. Hunde haben keine Fressbremse.
Abnehmen mit System
Der Hauptgrund für Fettleibigkeit sind zu große Futtermengen. Dennoch ist eine Nulldiät oder ein Friss-die-Hälfte-Programm für Hunde völlig ungeeignet. Soll Ihr Hund abspecken, geben Sie ihm schrittweise etwas weniger Futter und verteilen es auf vier kleine Mahlzeiten über den Tag. Das verhindert Hungergefühle und reduziert Betteln. Erlauben Sie dem Hund auf keinen Fall, so viel zu fressen wie er will. Am besten, Sie wiegen die Futtermenge genau ab.
Den Futterentzug empfindet der Vierbeiner als Bestrafung. Darum ist es sinnvoll, das reduzierte Futter mit kalorienarmem Gemüse zu mischen - so erhält das Tier die gewohnte Futtermenge und ist nicht gekränkt. Geeignet sind dafür die meisten Gemüsesorten wie Karotten, aber auch geschälter Naturreis. Nur Kohlsorten sollten Sie dem Vierbeiner nicht geben, die führen zu Blähungen. Gemüse muss wegen einer Besonderheit des Hundedarms gekocht werden, sonst bekommt das Tier Durchfall.
Lightprodukte: wenig Kalorien, aber große Futtermengen
Nimmt Ihr Hund trotz reduziertem Futter nicht ab, versuchen Sie, auf Lightfutter umzustellen. Es enthält weniger Kalorien, darum darf der Vierbeiner mehr fressen als von normalem Futter. Es enthält etwa zehn bis 20 Prozent weniger Energie und unverdauliche Fasern, die wieder ausgeschieden werden und deshalb nicht dick machen. Der Hund kann sich weiterhin den Bauch vollschlagen und nimmt trotzdem ab. Befolgen Sie dabei aber akribisch die Angaben des Herstellers und lassen Sie sich von Ihrem Liebling nicht um den Finger wickeln. Das beste Diätfutter hilft nicht, wenn der Tierhalter dem schmachtendem Tierblick nicht standhält und Leckerchen austeilt.
Es gibt übrigens auch kalorienarme Leckerlis, die Sie in Maßen füttern können, zum Beispiel Schweineohren, Büffelhautknochen oder Kaustangen.
Bewegung ist ein Muss
Kalorienarme Mahlzeiten allein genügen nicht, um aus einem dicken Hund einen normalgewichtigen Vierbeiner zu zaubern. Bewegung ist notwendig, auch wenn der Hund träge ist und keine Lust zum Gassigehen hat. Bei Anni klappten die Spaziergänge nur mit viel Überredungskunst und körperlichem Einsatz. „Sie nutzte jede Abkürzung und schlug den kürzesten Weg ein“, sagt die Besitzerin. Freiwillig wollte Anni gar nicht mehr nach draußen. Ein kurzer Gang zum Hundeklo im Garten hätte ihr genügt. Aber Frauchen setzte sich durch und weitete die Spaziergänge langsam aus. "Anni trottete lustlos hinterher und ich musste ständig Pausen einlegen, damit sie den Abstand zwischen uns verringern konnte", berichtet die Besitzerin.
Wer viel Gewicht mit sich herumschleppt, hat keine Freude an Bewegung. Das Training sollte darum nicht von Null auf 100 erhöht werden. Gewöhnen Sie das Tier langsam und Schritt für Schritt an die ungewohnte Bewegung. Weiten Sie zunächst die Spaziergänge aus und treffen Sie sich mit anderen Hundehaltern, damit die Hunde zusammen herumtoben.
Fast alle Hunde lieben Beschäftigung wie Agility oder DogDancing. Das lastet das Tier aus, gibt ihm eine Aufgabe und hilft beim Abnehmen. Sobald der größte Speck weg ist, wird ein dicker, träge Hund herumtoben wie ein kleiner Welpe. Denn Hunde sind eigentlich Lauftiere und bewegen sich gerne.
Gewicht langsam reduzieren
Hündin Anni hat ihr Gewicht inzwischen um zwei Kilo reduziert, in acht Wochen. Schneller soll sie auch nicht abnehmen, denn Hunde dürfen pro Woche höchstens zwei Prozent ihres Körpergewichts verlieren. Obwohl die Hündin noch weitere zwei Kilo abspecken muss, ist der Unterschied deutlich zu erkennen. "Sie ist ein lebendiger, lebensfroher Vierbeiner geworden", sagt Frauchen. Jetzt läuft Anni beim Gassigehen sogar voraus und fordert ihre Besitzerin auf, Ball zu spielen. Die Kleine überwindet inzwischen sogar die große Hürde vor ihrem Zuhause: Die sieben Stufen zur Haustüre. Ursprünglich quälte sie sich mühselig Treppe für Treppe nach oben, hing wie ein Sack Kartoffeln in den Stufen, mit hängender Zunge auf dem Asphalt. Jetzt nimmt sie die Treppe in wenigen Sekunden.
Myriam F. Goetz
Wie wird der Hund schlank?
Futtermenge reduzieren
Futter mit kalorienarmen Lebensmitteln mischen
Auf Diätfutter umstellen
Leckerlis von der Tagesration abziehen
Viel Bewegung: Wandern, Joggen, Radfahren, Agility, Schwimmen etc.
Keine Zwischenmahlzeiten geben
Keine Speisen vom Tisch füttern
Wann ist ein Hund zu dick?
Die Rippen lassen sich schwer ertasten
Keine Taille erkennbar
Schwierigkeiten beim Laufen
Keine Bauchsilhouette erkennbar
Kurzatmigkeit
Folge-Erkrankungen bei Übergewicht
Nieren-, Herz- und Gefäßkrankungen
Bluthochdruck
Gelenkabnutzung
Organverfettung, besonders der Leber
Diabetes
Niedrigere Lebenserwartung